4. Wie kann Dir nun Yoga helfen? Wir üben in jeder Asana, Pranayama und Meditation-Session, dass wir bis zu einem gewissen Mass die Kontrolle über unseren Körper und unseren Geist haben. Und wir üben, im Hier und Jetzt zu sein und zu bleiben. Was nützt uns eine Angst um eine Situation, die in der Zukunft stattfinden könnte, wenn wir nicht wissen, ob sie stattfinden wird? In jeder Situation, in der Du Angst hast, geht es um eine zukünftige angenommene Situation. Mein Kopf sagt mir, das Flugzeug KÖNNTE abstürzen. Sie könnte, ja, aber wie hoch ist die Chance, dass das Flugzeug abstürzt? Mein Kopf sagt mir, die Menschen KÖNNTEN mit meiner Arbeit unzufrieden sein, aber ob sie es sind oder nicht, weiss ich heute noch nicht. Ich könnte morgen an einer Krankheit sterben, aber vermutlich werde ich aus diesem Leben sowieso nicht lebend raus kommen, wieso also nicht „Ganz entspannt im Hier und Jetzt“ sein?
5. Und weil all dies nicht immer so einfach ist, üben wir mit Asanas, Pranayamas und Meditation, im Hier und Jetzt zu bleiben, einen Schritt zurück zu gehen und unsere Gedanken nur zu beobachten. Versuche Dir klar zu machen, wovor Du in welcher Situation Angst hast, wenn Du ganz entspannt mal fünf Minuten für Dich hast.
Gehe diese vier Schritte durch, und am Ende schliesse die Augen und stell Dir vor, Du sitzt im Kino oder auf dem Sofa, und Deine Gedanken rund um die Angst sind der Film im TV oder auf der Leinwand: Du BIST nicht Deine Gefühle, Du HAST sie. Und Du kannst Ihnen ganz entspannt zuschauen und sie interessant finden.
Atme tief ein – halte die Luft an – atme tief aus – halte die Atmung luftleer an. Wiederhole diese Schritte einige Male und nimm wahr, wie Du mit jedem Atemzug ruhiger wirst.
6. Nach einigen Atemzügen stell Dir eine Situation in deinem Leben vor, in der Du besonders glücklich warst – im Yoga nennen wir das „das Gegenteil üben“ – Pratipaksha Bhavana. In meinem Fall denke ich an eine Situation, in der ich vollkommen Glücklich war und losgelassen habe. In der sich das „Los-Lassen“ so sehr gelohnt hat, dass, wenn ich daran denke, mein ganzer Körper sich mit Freude füllt, ich dies richtig spüren kann, bis ich vor lauter Freude unwillkürlich lächle und vor Energie und Freude in meiner Brust „platzen könnte“ (ich liebe die deutsche Sprache).
7. Und nun, mit einem etwas freierem Kopf, überlege, was Dir im aller schlimmsten Fall (also wenn Deine Angst eintrifft, ein Worst Case Szenario quasi) passieren kann. Meist erkennen wir mit klarem Kopf, dass das, wovor wir maximal Angst haben, vermutlich eher nicht eintreten wird. In meinem Fall: Ich bin im Jahr 2017 ganze 10 mal (überwiegend) Langstrecken geflogen, und keiner meiner Flugzeuge ist abgestürzt (toi toi toi). Ich gebe zu, es gab richtig richtig arge Turbulenzen, aber offensichtlich bin ich nicht abgestürzt. Meine Angst war also bisher (toi toi toi) unbegründet.
Ich weiss, das hört sich jetzt leichter an als es tatsächlich ist. Mit etwas Übung kannst Du aber auf diesem Weg die Blockaden, die durch Ängste entstehen, besser in den Griff bekommen.
Oft spüre ich meine Angst, lasse sie dann zu und beginne einen inneren Dialog. Ich spreche mit mir selbst, manchmal sage ich mir dann, dass es ok ist, jetzt so ein Drama zu machen, aber dass das auch zeitnah aufhören darf, weil ich ja weiss dass es völlig irrational ist. Ich gehe die sieben Schritte durch und versuche nach einer kurzen Zeit, meine Angst in den Griff zu bekommen. Das bedeutet nicht, dass man völlig angstfrei durch das Leben gehen muss – es gibt ohne Zweifel sehr gute Gründe, und manchmal sollte man Angst haben. Aber in Situationen, in denen die Angst mehr blockiert als sinnvoll ist, können Dir diese sieben Schritte zu einem klaren Kopf verhelfen.